Reader zur 1. Klausur

12. Jg. Gk Behn 1. Sem.  Schj. 00/01  Internationale Beziehungen


INHALT:
1. Indien / Pakistan:

Kurzinfos: 1.1 Religiöser Hintergrund     1.2 Kaschmir     1.3 Kolonialgeschichte

Zeitungsartikel: 1.4 Ein nuklearer Schatten über Kaschmir

2. Israel / Palästina:

Kurzinfos:
2.1 Die Kriege Israels seit Staatsgründung    2.2 Israels "Arrangement" mit den Nachbarn
 2.3 Religiöse Situation Jerusalem       2.4 "Die Bombe", Rüstung Israel und z. B. Irak
2.5 Bildung des Staates Israel
Einige Spiegel Artikel zum Thema: 2.6 Palästinenser wollen an die Waffen   2.7 "Setzt die Ölwaffe ein"
2.8 Setzt den Marsch auf Jerusalem fort!    2.9 ISRAEL - Ein Land kurz vor dem Krieg

3. Div. Zeitungsartikel zum Thema Bombe

3.1 Hiroshima -  Gedenken auf dem Pulverfaß    3.2 Die Bombe ist noch nicht gebändigt



Kurz-Referate zur Klausur Nr. 1
(Bereich: Frieden, "die Bombe", eine große Krise nach der Nachkriegszeit und nach dem Ost-West-Konflikt)

Indien / Pakistan:

1.1 Der religiöse Hintergrund in Indien und Pakistan

1947 wurde Indien eine unabhängige Republik. Der überwiegend islamische Teil wurde zum selbstständigen Staat Pakistan. Die innenpolitische Situation ist bis heute durch religiöse Spannungen gekennzeichnet.

Der Hinduismus in Indien

Dem Hinduismus gehört mit 82,6 % die Mehrheit der indischen Bevölkerung an. Diese Religion ist durch das Kastenwesen, das die religiöse Gemeinschaft der Hindus in verschiedene Gruppen entsprechend seiner Geburt einteilt, geprägt.
Bräuche der Hindus:
- Frauen essen nach den Männern
- Durch Arbeiten, Essen und Berühren von Leichen wird man verunreinigt, deshalb findet eine heilige Waschung statt, die dem Hindu einen Zustand höchster Reinheit und somit den besten Zeitpunkt zu einer religiösen Andacht gibt.
- Gläubige beten am Ganges und verbrennen dort ihre Toten.
- Pilgerfahrt

Hindus verehren mehrere Götter. Doch alle diese Götter sehen sie nur als einen Teil des einen, allmächtigen, allumfangenden und ewigen Gott Braham an. Je nach Bedarf verehren sie einen anderen Gott.
Sie feiern jeden Tag Gottesdienste, welche von zu Hause von einem Familienmitglied veranstaltet werden.

Die Frau wird heute immer noch als minderwertig angesehen. Die Geburt eines Sohnes bedeutet für die Frau Anerkennung, während eine Tochter nur viel kostet und die Familie in den Ruin treibt. In der Erlösungsvorstellung sind die Frauen weit von der Erlösung entfernt: Sie können erst die Erlösung erlangen, wenn sie als Mann wiedergeboren werden.
Es gibt zwei heilige Schriften (Veden), die Shruti und die Smriti, wobei nur die Smriti der Allgemeinheit, auch den Frauen, zugänglich ist.
Die täglichen Pflichten der Hindus:
- Dämmerungsandacht vor Sonnenaufgang
- Feueropfer für die Götter
- Schriftenopfer durch Rezitieren des Veda
- Wasserspende für die Ahnen
- Gottesdienst
- Allgötteropfer
- Mittagsmahlzeit
- Dämmerungsbad mit Andacht am Abend

Der Islam in Pakistan

Der Islam (arab. „völlige Hingabe) ist die jüngste der drei Weltreligionen .Grundlegend für den Koran, der hl. Schrift, ist die Überzeugung, dass es nur einen Gott gibt. Dieser strenge Monotheismus verbietet die Zugesellung anderer Götter zu Allah. Gott ist allmächtig, allwissend und barmherzig. Am jüngsten Tag richtet die Menschen. Die Gläubigen erwartet die Auferstehung und ein Leben im Paradies. Die Ungläubigen verfallen ewigen Höllenstrafen.
Dem Gläubigen sind 5 Hauptpflichten vorgeschrieben:
- der Glaube an Allah
- das fünfmalige tägliche Gebet
- eine jährliche Almosensteuer
- das Fasten im Fastenmonat Ramadan
- einmal im Leben eine Wallfahrt nach Mekka

Wein , Schweinefleisch und Glücksspiel sind im Islam verboten. Die islam. Glaubensgemeinschaft ist zum Glaubenskrieg verpflichtet. Aus altorient. Brauchtum übernahm der Islam die Beschneidung und den Frauenschleier. Normalerweise sind die Frauen verhüllt und den Männern untergeben. Kommt ein Mann hinzu, schämen sie sich, gehen fort und überlassen dem Mann den Platz. Ihr Körper soll nicht von fremden Männern gesehen werden, jedoch wehren sich immer mehr Frauen gegen die Verschleierung.
Als zentrales Heiligtum gilt der schwarze Stein in Mekka. Die Moschee ist Stätte des Gebetes und der Lehre.
Der Islam hat für alle Lebenslagen Gesetze. Die Anleitungen die er gibt, sind umfassend und enthalten die sozialen, wirtschaftlichen, politischen, moralischen und geistigen Seiten des Lebens. Der Koran erinnert die Menschen an den Sinn des Lebens, an seine Pflichten gegenüber sich selbst, seinen Verwandten, seiner Gemeinde und seinem Schöpfer.
Der geistlich-religiöse und der weltliche Teil sind keine getrennten Teile des Menschen. Sie sind viel mehr im Menschen vereint. -----------------------------------------------------------------------------------------------------------

1.2 Kaschmirkonflikt  (Seit 52 Jahren)

Kaschmir ist eine Gebirgsregion im Himalaja, um die sich Indien, Pakistan und China streiten. Sie umfasst 222.000 Quadratkilometer – fast zwei Drittel der Größe Deutschlands- und hat zehn Millionen Einwohner. Das eigentliche Kaschmir ist das Tal des Flusses Jhelum zwischen 5000 Meter hohen Bergen. Zu dem früheren Fürstentum gehört aber auch die weiter südlich gelegene Region Jammu sowie Lasakh im Osten, dessen Gipfel mehr als 7000 Meter hoch sind.

Konfliktparteien
Indien

Ziel: Besitz Kaschmirs

Pakistan

(Rebellen und Guerilla)

wichtigste Gruppe: Jammu Kaschmir Liberation Front (JKLF)

Ziel:

1. Gruppe: Unabhängiges Kaschmir

2. Gruppe: Anschluß an Pakistan, die Waffen und Munition liefern

Gemeinsames Ziel: Befreiung Kaschmirs von ungläubigen Moslems

Verlauf
 

1947   Pakistan und Indien werden unabhängig von GB
Krieg zwischen Pakistan und Indien Þ Aufteilung Kaschmirs: 45% Indien, 1/3 Pakistan und China den Rest

Vermittlungsversuche der UNO verschlimmern den Konflikt

1965/71 Kriege in Kaschmir zwischen Moslems und Hindus
1989  Entführung der Tochter von Lal Krishna Advani (indischer Innenminister)
Þ Freilassung nach 7 Tagen, weil die Regierung den Forderungen der Rebellen nachgibt und 5 Kaschmir-Seperatisten freiläßt
1989  Beginn eines weiteren Krieges bei dem bis heute 20000 Menschen starben
seit 1994 Regierung Indiens zeigt Kooperationsbereitschaft
  z.B.
  -Freilassung von Rebellenführern
  -EU Vermittler werden in die Region gelassen
  -Wahlen werden vorbereitet, scheitern jedoch

Indien und Pakistan werden Atommächte

1 Jahr später Indien fliegt seit 20 Jahren wieder Luftangriffe
Pakistan droht mit Vergeltung

5.08.98 blutigste Auseinandersetzung an der Grenze Kaschmirs
24.09.98 Atomteststoppvertrag
Dezember 99 Geiseldrama im afgh. Kandahar (Airbus von Indien Airlines)
  Forderung: Freilassung von Rebellen
 

Folgen

Der Kaschmirkonflikt hat bereits zwischen 17000 und 47000 Tote gefordert und die beiden Staaten Pakistan und Indien verfeinden sich immer mehr. International steigt die Angst vor einem weiteren Krieg mit verheerenden Folgen.
Kaschmir ist durch den Konflikt zu einer Hölle geworden und von den ökonomisch wichtigen Touristen kommen jährlich nur noch 10000, von ehemals 800000.
Heute gehört Kaschmir zu einem Drittel Pakistan und zu Zwei Dritteln Indien.

Lösungsansatz

Die wohl beste Lösung wäre ein unabhängiger Staat Kaschmir, der jedoch scheint unmöglich, da weder Pakistan noch Indien dem zustimmen würden.

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1.3 Indien zur englischen Kolonialzeit

1612/13 begann die englische Kolonialzeit. Träger der Kolonialpolitik war die britische Ostindische Kompanie (1600-1858).
Während des 17. Jahrhunderts gab es immer wieder Spannungen zwischen Großbritanien und Frankreich.
In die letzte Phase des Kampfes zwischen Großbritannien und Frankreich um die Vorherrschaft von Indien ging es im
Anschluss des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) in Europa. Das wichtigste Ereignis war der Sieg der Schlacht von Plassey
(1757) unter Robert Clive (Angestellter der britischen Ostindischen Kompanie), wodurch die Briten Herrscher über Bengalen
(bevölkerungsreichste indische Provinz) wurden. Das Ziel war ihre politische Macht und ihren Besitz auszubauen.

1773 wurde die britische Ostindische Kompanie vom Parlament zu einer halboffiziellen britischen Regierungsbehörde ernannt.
Zuvor hatte sie den Status als privates Handelsunternehmen.
Die Briten waren zwar eine überlegene Militärmacht, aber ihnen war auch sonst jedes Mittel recht, um ihre Ziele zu erreichen.
Bestechung, Erpressung bis hin zur politischen Manipulation indischer Herrscher wurden häufig und sehr erfolgreich angewandt.
Die große politische Macht der Briten ist auf die Schlacht von Panipat (1761) zurückzuführen, bei der weder das Mogulreich
noch die Marathenkonföderation stark genug waren sich durchzusetzen.
Verschiedene indische Staaten versuchten sich einzeln oder auch gemeinsam gegen die Ausbeutung und Besetzung ihres
Landes durch die britische Ostindische Kompanie zur Wehr zu setzen, aber ohne Erfolg. Es gab mittlerweile auch unter den
indischen Königreichen und Fürstentümern Uneinigkeiten, so dass die Briten schnell den gesamten Subkontinent und
angrenzende Regionen wie Birma unter ihre Gewalt bekamen.

Die Unruhen in Indien nahmen ständig zu und das führte schließlich 1857/58 zum Großen Indischen Aufstand auch
Sepoy-Aufstand genannt. Am 10. Mai 1857 taten sich Muslim- und Hindutruppen zusammen, um Delphi und andere Zentren
zu besetzen. Der Aufstand wurde durch britische Verstärkungstruppen niedergeschlagen und es gab daraufhin eine Phase der
Unterdrückung durch britische Truppen, insbesondere in Delhi, wo Tausende von Menschen ohne Gerichtsverhandlung getötet
wurden. Ergebnis des Großen Indischen Aufstandes war die Verabschiedung des „ Act for better government in India“
durch das britische Parlament. Es gab den Beschluss, dass die Verwaltung Indiens von der Ostindischen Kompanie auf die
britische Krone übertragen werden sollte.
Die britische Regierung kümmerte sich nun um die Verwaltung Indiens und es wurden Missstände gemildert, Reformen im
Steuerwesen und in der Verwaltung sowie im Recht-, Bildungs- und Sozialwesen durchgeführt. Sie nahm aber auch Probleme
wie z.B. die Verarmung weiter Kreise der Bevölkerung und die verheerenden Hungerkatastrophen auf sich.

Mahatma Gandi (1869-1948): indischer Freiheitskämpfer
1915 begann er mit seiner Politik des passiven Widerstandes gegen die britische Kolonialherrschaft, indem Gandi und seine
Anhänger keine britischen Waren mehr kauften, die Ämter, die sie von den Engländern erhalten hatten niederlegten
und sich weigerten Steuern zu zahlen. Die Engländer sollten auf diese Weise zum Rückzug aus Indien gezwungen werden.
1947 nach einer Übergangszeit erhielt Indien die volle Unabhängigkeit.




Israel / Palästina

2.1 Die Kriege Israels

Seit der Staatsgründung Israels in 1948 waren die Israelis in vier Kriege verwickelt:

1. der Unabhängigkeitskrieg (1948-1949)
2. der Sinai-Feldzug (1956)
3. der Sechs-Tage-Krieg ( 5. Juni 1967 - 10. Juni 1967)
4. der Jom-Kippur-Krieg ( 6. - 22. Oktober 1973)
 

1) Der Unabhängigkeitskrieg

Die ersten militärischen Auseinandersetzungen zwischen Arabern und Israelis begannen schon am Tag nach der UNO Abstimmung am 29. November 1947. Diese Überfälle nahmen in Häufigkeit und Brutalität zu und erreichten am 15. Mai 1948 ihren Höhepunkt. An diesem Tag war die britische Räumung  „Palästinas“ abgeschlossen und die Armeen Syriens, Libanons, Jordaniens, Ägyptens und Iraks drangen in Israel ein. Obwohl die Israelis kaum Waffen hatten, wehrten sie die Invasion ab. Sie verloren aber über 6000 Soldaten und das waren fast 1% ihrer Gesamtbevölkerung.
Die Kämpfe dauerten noch bis Ende des Jahres an. Die Israelis konnten sich überall verteidigen und es gelang ihnen sogar noch zusätzliche Gebiete zu erobern.
Vom Februar bis Juli 1949 wurden Waffenstillstandsabkommen mit den arabischen Nachbarn geschlossen und Jerusalem wurde geteilt. 600000 Araber flohen aus Israel und wurden in Auffanglager gesteckt als politische Waffe gegen Israel. Etwa 150000 Araber blieben in Israel und lebten in Frieden mit ihren jüdischen Nachbarn.
 

2) Der Sinai-Feldzug

Trotz der Waffenstillstandsabkommen mit Israel hielten die arabischen Nachbarn den Kriegszustand aufrecht. Grenzverletzungen und kleine Schießereien waren an der Tagesordnung. Aus Ägypten und Jordanien drangen Selbstmordkommandos („Fedajin“) nach Israel ein und versuchten ein normales Leben unmöglich zu machen. Oft stammten diese Selbstmordkommandos aus den Auffanglager und wurden in speziellen Lagern ausgebildet. Die arabischen Staaten organisierten ein Handelsboykott und blockierten die Seewege.
Im Oktober 1956 erreichten die gegen Israel gerichteten feindlichen Maßnahmen ihren Höhepunkt und als Ägypten seine Truppen, ausgerüstet mit modernen sowjetischen Waffen, im Sinai zusammenzog, führte Israel den ersten Schlag aus, überwältigte die Ägypter, besetzte die Sinai-Halbinsel und hob die Seeblockade auf. Gleichzeitig bombardierten Engländer und Franzosen ägyptische Militäranlagen.
Die USA und die Sowjetunion zwang Israel sich zurückzuziehen und es wurden UNO-Truppen an der Grenze zwischen Israel und Ägypten stationiert.
 

3) Der Sechs-Tage-Krieg

Syrien und Ägypten hatten von der Sowjetunion große Waffenlieferungen erhalten und im Mai 1967 verbündete Ägypten sich mit Jordanien und zwangen die UNO-Truppen zum Rückzug. Am 5. Juni 1967 brach der Krieg aus. Israel gelang es einen Großteil des ägyptischen Luftwaffe zu zerstören und die Kontrolle über den Luftraum zu gewinnen. Die Israelis eroberten das gesamte Judäa und Samaria, die Gelanhöhen, den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel und zuletzt Ostjerusalem. Die eroberten Gebiete wurden unter israelische Militäradministration gestellt.
Die Grenzen wurden geöffnet und die Handelsbeziehungen zwischen Jordanien, Judäa und Samaria blühten.
 

4) Der Jom-Kippur-Krieg

Am 6. Oktober 1973, dem jüdischen Versöhnungstag (Jom Kippur), überquerten die Ägypter den Suezkanal. Gleichzeitig drangen die Syrer auf den Golanhöhen vor. Es folgten verbitterte Kämpfe mit vielen Toten. Den Israelis gelang es die Ägypter aus der Sinai Wüste und die Syrer bis auf 40 km vor Damaskus zurückzuwerfen.
Am 22. Oktober stimmte die UNO für eine Feuereinstellung und der Krieg ging zu Ende.

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2.2 Friedensabkommen zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten
1973 Aufgrund der Genfer Nahostkonferenz entstand ein Jahr später ein Truppenentflechtungsabkommen zwischen Israel und Syrien und Israel und Ägypten

1978 Im September unterzeichneten Präsident Saddat (Ägypten) und Ministerpräsident Begin (Israel) mit Unterstützung der USA das Camp- David- Abkommen das den Rahmen für einen Frieden zwischen Israel und Ägypten absteckte. Es war ebenfalls Voraussetzung für eine Lösung hinsichtlich des Gazastreifens und der Westbank. Die Verhandlungen waren auf eine überraschende Initiative des ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat zustande gekommen, der im November 1977 nach Jerusalem gereist war, wo Begin zu Friedensgesprächen aufforderte.

26. März 1979 Israel und Ägypten unterzeichnen in Washington D.C. Friedensvertrag (erster derartiger Vertrag zwischen Israel und einem arabischen Staat) volle Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den Staaten.

Oktober 1991 erste umfassende Friedensgespräche zwischen Israel und der palästinensischen Delegation sowie den benachbarten arabischen Staaten

1993 überraschende Wendung im Nah-Ost-Konflikt
Nach Geheimverhandlungen flogen Ministerpräsident Rabin und PLO-Chef Jasir Arafat nach Washington D.C. und stimmten der Unterzeichnung eines historischen Friedensabkommens zu. Israel akzeptierte darin die palästinensische Selbstverwaltung
zunächst im Gazastreifen und in der Stadt Jericho auf der West Bank und später in anderen Gebieten der West Bank, die nicht von Juden besiedelt sind. Im Mai 1994 zog Israel seine Truppen aus Jericho und den Städten und Flüchtlingslagern im  Gazastreifen zurück und stellte die Gebiete unter palästinensische Kontrolle.
Im Juli 1994 unterzeichneten Premierminister Rabin (Israel) und König Hussein von Jordanien eine Friedensvereinbarung, mit der die seit 46 Jahren bestehenden Spannungen zwischen beiden Nationen gelöst wurden. Die Vereinbarung wurde im Weißen
Haus in Anwesenheit von US-Präsident Bill Clinton unterzeichnet und bildete die Grundlage zu einem umfassenden Friedensvertrag. Am 17. Januar 1997 zog sich die israelische Armee aus dem größten Teil Hebrons zurück. Zuvor hatte das israelische Parlament das zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserchef Jasir Arafat nach tage- und nächtelangen Verhandlungen getroffene Hebron-Abkommen mit einer deutlichen Mehrheit von 87 gegen 17 Stimmen gebilligt. In diesem Abkommen verzichtet Israel erstmals auf seinen Anspruch auf ein zum Heiligen Land gerechnetes Gebiet verzichtet.  67 Prozent der Bevölkerung Israels stimmten dem Abkommen zu.
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2.3 Jerusalem

Juden (größte Bevölkerungsgruppe in der Stadt) 81,1 Prozent

•  Die Juden glauben, dass vor 3000 Jahren König David diesen Ort zur Hauptstadt seines Reiches machte und dass König Salomo hier den ersten Tempel (synonym für jüdische Staatlichkeit) errichtete
? kultischer Mittelpunkt
? auf Tempelberg bleibe Gottes Geist ewig
•  Jerusalem ist für Juden „biblische Metropole“ ? Ort der Gegenwart Gottes und ihrer Anbetung
•  Heiligtümer: die alte Davidsstadt, der Zionsberg, der Ölberg, das Kidrontal mit den Königs- und Prophetengräbern, der Tempelberg, auf dem der einst der Tempel stand und die Klagemauer (Westmauer des einstigen Tempels)
•  Klagemauer symbolisiert religiöse und politische Verbindung von Volk und dem Heiligen Land
 - symbolisiert jüdisches Bewusstsein, den Tempel verloren zu haben
 - Wunsch, an „Zion“ (Jerusalem festzuhalten)
 

Muslime (Islam)      14,2 Prozent

• Für die Muslime ist der Fels auf dem Tempelberg die Stelle, an die Mohammed auf wundersame Weise von Mekka gelangt war, um von hier aus seine mystische Fahrt in den Himmel anzutreten.
• seit 6. Jahrhundert
•  Islam knüpfte an Theorie der Christen und Juden an
? Gebetsrichtung nach Jerusalem für die beiden monotheistischen Religionen die einzige heilige Stadt war

•  Ziele der islamischen Wallfahrt: die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom auf dem Tempelberg
  Zum Fels: Mohammed trat hier seine mystische Fahrt in den Himmel an
- liege unter dem Thron Gottes (Allahs)
-  liege oberhalb einer Höhle, in der sich alle 2 Wochen die Seelen der Toten versammelten
- vor Erschaffung der Menschheit seien 2000 Engel hier gewesen
- Arche Noah sei hier nach der Sintflut gestrandet

•  Gott gab das Land zwischen Jordan und Mittelmeer den Juden ? Beweis: zahlreiche Bibelstellen

•  Gott offenbarte sich seinem Volk Israel durch Abraham, Isaak und Jakob, und nicht Ismael, der von den Arabern abstammt (Muslime)
• Bezeichnung Palästina wird weder in der Bibel noch im Koran erwähnt
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Zeittafel:

• um 586 v.Chr.: Zerstörung des von Salomo gebauten Tempels
• Tempel wurde neu gebaut und im Jahre 70 n.Chr. von Römern zerstört
• 638: Araber eroberten das Land
• errichten auf Trümmern des zerstörten Tempels den Felsendom
• bis 1948: ständige Regierungswechsel, unter anderem Mandat der Briten
• 1948: Ausrufung des Staates Israel
• 1949: UN teilte Jerusalem
? arabischer Ostteil mit der Altstadt und jüdischer Westteil
? zahlreiche Zeugnisse jüdischer Vergangenheit waren zerstört
• im Sechs-Tage-Krieg 1967 eroberten die Israelis Ost-Jerusalem
 ? aus jüdischer Sicht: Rückkehr, für die 1900 Jahre gebetet worden war
• Jerusalem zur Hauptstadt Israels erklärt
• Kämpfe um Anteile der Stadt
• Juden durften nicht in den Ostteil
• das heilige Jerusalem als ungeteilte Stadt: Fixpunkt israelischen Denkens
• wurde jedoch immer mehr zum Symbol arabisch-palästinensischer Identität
• Konflikt spitzte sich auf Felsendom zu
•  seit 1987 befinden sich arabische Palästinenser im Aufstand (Intifada) gegen israelische Besetzungsmacht
•  Juden ist bis heute der Zugang zum Tempel aus religiösen und politischen Gründen verboten

Christen        3 Prozent

• Die Christen gedenken in dieser Stadt der Leidensgeschichte und der Auferstehung Jesu Christi und verehren sie als Ursprung ihrer Religion
•  nur noch etwa 5000 einheimische Christen in Jerusalem, die Zahl sinkt weiter.
 

 1,7 Prozent sonstige Religionen (Drusen und Beduinen, welche eine eigene Sprache und Traditionen besitzen)
 
 

„Erstes“ Israel

Als „erstes“ Israel werden die Juden bezeichnet, die erfüllt waren vom zionistischen Ideal einer
neuen, klassenlosen und sozialistischen Gesellschaft. Sie stammen hauptsächlich aus Mittel- und
Osteuropa.

„Zweites“ Israel

Als „zweites“ Israel werden die sephardischen Juden bezeichnet. Sie kamen aus Spanien und
Portugal.

„Drittes“ Israel

Diese Bevölkerungsschicht stellen die israelischen Araber, die Muslime dar.

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2.4 Krise zwischen Israel und Irak
    Militärischer Vergleich

Militär Irak
 Irak hat allg. Wehrpflicht für 18- bis 25jährige Männer mit einer aktiven Dienstzeit von 2 Jahren u. einer Reservedienstzeit von 18 Jahren. Die Gesamtstärke der regulären Streitkräfte beträgt 222000 Mann (Heer 190000, Marine 4000, Luftwaffe über 28000); daneben gibt es paramilitärische Formationen (Nationalgarde u. a.) mit über 75000 Mann. Die Ausrüstungsgegenstände sind sowjetischer Herkunft.

Militär Israel
 In Israel gibt es für Juden, Drusen u. Tscherkessen eine unbeschränkte allg. Wehrpflicht (christl. u. islam. Bewohner können sich freiwillig melden) für 18- bis 26jährige mit einer aktiven, u. U. eine landwirtschaftliche Ausbildung einschließenden Dienstzeit für Männer von 39 (zusätzl. für 27- bis 29jährige von 24) u. für ledige Frauen von 24 Monaten.
Die Streitkräfte, bestehend aus 47700 Kadern u. 93300 Wehrpflichtigen, können durch Mobilisierung der Reservisten (Männer bis zum 54., Frauen ohne Kinder bis zum 34. Lebensjahr) innerhalb kürzester Zeit auf eine Gesamtstärke von 600000 Mann (einschließlich Zivilverteidigungseinheiten) gebracht werden (Heer 16000 Kader, 88000 Wehrpflichtige; Marine 5700/3300; Luftwaffe 26000/2000).
 

Sowohl Irak als auch Israel verfügen über ein beachtliches Potential an ABC-Waffen.
Irak soll laut den UN-Waffenispektoren über genügend unkonventionelle Waffenkapazität verfügen, um Tel Aviv auszulöschen.

Die Militärausgaben wurden zwar im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt gesenkt, dafür aber intensiv zur  Entwicklung unkonventioneller Waffen  verwendet.

Die Entwicklungsrichtung ist deutlich: Israel fürchtet sich vor einem irakischen Raketenangriff und umgekehrt. Die beiden Länder befinden sich in einer Rüstspirale, die sich auf ABC-Waffen spezialisiert hat. Dies zeigt sich auch an der Irakischen Truppenstärke: Binnen eines Jahrzehnts schrumpfte der Mannschaftsbestand um über 50 %.

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2.5 Die Gründung des Staates Israel

1933:
Die inoffizielle Regierung (von Palästina) „Jewish Agency“ und Histadrut (Einheitsgewerkschaft mit eigenen Betrieben, Siedlungen und Schulen) fördern die Zuwanderung jüdischer Siedler, indem sie Nationalfonds dazu nutzen die Siedler beim Landkauf zu bezuschussen. Der jüdische Anteil innerhalb der Bevölkerung nimmt von hier an zu.

1936-1939:
Die zunehmende Spannung zwischen den jüdischen Siedlern und der arabischen Bevölkerung führt schließlich zu einem Bürgerkrieg zwischen den arabischen Partisanen und der jüdischen Haganah. Die britische Mandatsverwaltung unterstützt jeweils abwechselnd die beiden Parteien. Beide Parteien sind jedoch nicht kompromissbereit. Vorschläge der britischen Regierung zur Teilung des Landes (Peel-Teilungsplan 1937) werden von beiden Seiten abgelehnt. Bis 1939 sind 1/3 der Bevölkerung und 12% des Bodens in Palästina jüdisch.

1939:
Auf Grund des zunehmenden Anteils jüdischer Siedler in Palästina üben die Araber Druck auf die Briten aus, um die Zuwanderung von Juden einzuschränken, was zur Folge hat, dass die Möglichkeit der Juden dort Land zu kaufen und zuzuwandern, eingeschränkt wird (White Paper Politik), um die arabische Mehrheit zu erhalten. Dieses Vorgehen wird von jüdischen Terroristen unter der Führung von Irgun Zwea Leumi bekämpft. Die „Jewish Agency“ stellt sich auf die Seite der Alliierten und baut Palästina zum alliierten Versorgungszentrum aus, während die Araber den Achsenmächten(Deutschland, Italien, Japan) zugeneigt sind.

1942:
Jüdische Freiwilligen-Brigade wird Teil der britischen Armee, dennoch setzt die britische Regierung die White Paper-Politik fort. Trotzdem wollten viele Juden auch weiterhin nach Palästina einwandern. Deshalb blockierten britische Streitkräfte illegale jüdische Einwanderungsschiffe („Exodus“-Tragödie). Daraufhin folgt Terror und Gegenterror.

1946:
Die Briten und Amerikaner drängen auf die Öffnung der Grenzen für 100.000 jüdische Einwanderer. Außenminister Bevin findet auch keine Lösung auf der Palästina-Konferenz von London.

1947:
UNSCOP-Sonderausschuss schlägt die Teilung Palästinas vor, was von der UN-Vollversammlung und der „Jewish Agency“ befürwortet, aber von den Arabern abgelehnt wird. Deren Befreiungsarmee besetzt Galiläa und greift die jüdische Altstadt von Jerusalem an.

Mai 1948:
Abzug der britischen Armee und Verwaltung, was das Land in die Anarchie stürzt.
14. Mai 1948: Proklamation des Staates Israel durch den jüdischen Nationalrat(Vorsitz Ben Gurion). Ein Angriff der arabischen Liga wird durch UN-Vermittlungen (Juni/Juli) unterbrochen und schließlich durch die israelische Lufüberlegenheit abgewährt. Große arabische Bevölkerungsteile fliehen.

1949:
Nach einem Waffenstillstand (Feb-Juli) wird Jerusalem geteilt, der Gaza-Streifen geht an Ägypten, das westliche Jordanland an Jordanien und der Frontverlauf wird Staatsgrenze. Die Wahlen ergeben eine Mapei-Mehrheit und MP Ben Gurion wird bestätigt.

Nachtrag:
Die ursprüngliche Idee des Zionismus, d.h. das  Streben nach einem eigenen jüdischen Staat im von Gott verheißenen Land Palästina, kam von Theodor Herzl. Er sah darin den einzigen Weg, dem Antisemitismus, welcher sich im 19. Jahrhundert in Europa ausbreitete, entgegenzuwirken. Er organisierte 1897 den 1. Zionist. Weltkongress und wurde Präsident der Zionist. Weltorganisation. Mit der Gründung Israels wurden seine politischen Absichten verwirklicht.

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Zeitungsartikel
Hiroshima -  Gedenken auf dem Pulverfaß
 Regionale Konflikte verdecken es: Internationale Sicherheitspolitik setzt nach wie vor auf Kernwaffen.  Heutige Versäumnisse werden sich rächen 4. August 1995

- VON HANS-JOACHIM HOFFMANN -

Der apokalyptische Blitz, der vor 50 Jahren den Himmel über Hiroshima zum Gleißen brachte, verdunkelte für die
darauffolgenden Jahrzehnte des Kalten Kriegs die Zukunftsaussichten der Menschheit. Ein Lebensgefühl, das heute, sechs Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, abgesehen von nostalgischen Erinnerungen an die großen Demonstrationen gegen die Nachrüstung, fast schon vergessen scheint. Zu Unrecht: Noch bildet nichts anderes als die atomare Abschreckung das strategische Grundgerüst internationaler Sicherheit. Verdeckt durch konventionelle regionale Konflikte wie den Krieg auf dem Balkan, könnte das Thema mit brachialer Gewalt wieder auf die Tagesordnung zurückdrängen. Ein Machtwechsel in Moskau, eine Verschärfung des politischen Kurses in Peking - es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich solche Entwicklungen auszumalen.

Der Blitz über Hiroshima hinterließ auch eine Menschheit, die an der Richtigkeit ihres Tuns zweifelte. Gewiß, es gibt Denker wie André Glucksmann, die eine "Philosophie der Abschreckung" entwickelten: Gegen nackte Grausamkeit, gegen Massenvernichtung und Völkermord sei auch der Einsatz der Atombombe sittlich gerechtfertigt. Andere Intellektuelle wie Horst-Eberhard Richter versuchten weniger die Logik denn das Absurde der Möglichkeit eines mehrfachen Overkills in Worte zu fassen. Karl Jaspers ahnte das reale Weltende, das den "sittlich-religiös wirksamen Irrtum Johannes des Täufers, Jesus und der ersten Christen" in der Zeit sozusagen korrigieren würde. Philosophen wie Günther Anders sahen schon durch die bloße Existenz der Kernwaffen, die dem Feind nur ein bedingtes Lebensrecht zugesteht, Grundwerte wie Humanität und Toleranz zerstört. Werte, die die Kernwaffen eigentlich verteidigen sollten.

Um die Atombombe hat sich im Laufe der Jahre ein Mythos gebildet. Sie ist eine Stiefschwester des Totalitarismus, entstanden im Wettlauf gegen Nazis, eingesetzt gegen den japanischen Imperialismus, technisch hochgezüchtet und vervielfältigt gegen die Bedrohung durch Stalin und seine Erben. Gleichzeitig aber ist sie Inbegriff des totalen Kriegs. Denn anders als konventionelle Waffensysteme hat sie zum Prinzip, die Zivilbevölkerung zur Geisel zu nehmen - die Vollendung des Terrors. Eine Ethik der nuklearen Abschreckung, so es denn eine gibt, wird daher schon aus diesem Grunde immer fragwürdig bleiben.

Angesichts der Wiederaufnahme der Atomtests durch Frankreich fordern Friedensgruppen den Stopp aller Atomtests und die Abschaffung der Kernwaffen. Wer dies verlangt, muß allerdings auch seine Stimme erheben für eine Institution, die die Bombe als Abschreckungssystem ersetzt.

Vor zwanzig Jahren leiteten die Unterschriften unter die KSZE-Schlußakte von Helsinki das Ende des Ost-West-Konflikts ein.
Institutionen wie die KSZE-Nachfolgeorganisation OSZE oder die Internationale Atomenergiebehörde in Wien müssen mit präventiv-diplomatischen und polizeilichen Mitteln ausgestattet werden. Nicht guter Wille und blauäugiger Pazifismus, sondern nur kollektive Sicherheit kann das Prinzip der Abschreckung ersetzen - und dies möglicherweise auch nur schrittweise, vielleicht nie komplett.

Eine Abschaffung von Kernwaffen allein würde die Probleme nur verschieben. Friedensforscher zählten im vergangenen Jahr 41 Kriege, die seit ihrem Beginn über 6,5 Millionen Todesopfer gefordert haben - auch ohne Kernwaffen. Im vergangenen Jahr rüsteten die Supermächte zwar 4000 atomare Sprengköpfe ab, im Mai wurde der Atomwaffensperrvertrag unbefristet verlängert, und im nächsten Jahr soll ein endgültiger Teststopp folgen

Auf der anderen Seite der Bilanz aber sieht es bedenklich aus: Die fünf Mächte des Atomclubs sind längst nicht mehr unter sich, das spaltbare Material gelangt zunehmend in dunkle Kanäle. Allein im ersten Halbjahr 1995 entdeckte der amerikanische CIA 31 Fälle von Atomschmuggel.

Die Atombombe wurde zum Mythos, und Mythen heischen nach Anbetung ("Die Abschreckung hat Europa 50 Jahre Frieden gebracht") oder Beschwörungsformeln ("ban the bomb"). In Wirklichkeit ist sie eine ordinäre Massenvernichtungswaffe, die heute noch eine strategische Rolle spielt, deren Risiken sie aber als untauglich für die Zukunft ausweisen. Nur: Beim gerechtfertigten Protest wird leider meist übersehen, daß Kernwaffen bei ihrer Abschaffung auch eine gefährliche Lücke hinterlassen. Die gilt es jetzt als erstes zu füllen.



DER KONFLIKT ZWISCHEN INDIEN UND PAKISTAN WIRD WIEDER GESCHÜRT

Ein nuklearer Schatten über Kaschmir

SEIT Indien und Pakistan im Mai 1998 offiziell den Status von Atommächten erlangt haben, stellt sich die Frage, ob das
Gleichgewicht des Schreckens zwischen den beiden südasiatischen Großmächten funktionieren wird. Es ist schwer zu
definieren, wo in einem konventionellen Konflikt die Schwelle für die Entscheidung liegen würde, das nukleare Feuer
zu entfesseln. Angesichts der heftigen Spannungen in Kaschmir sind diese Fragen neu aufgeworfen worden. Der
militärische Konflikt erscheint um so bedrohlicher, al zwei schwache Regierungen gegeneinander antreten, die beide
im eigenen Land unter Druck geraten sind und folglich versucht sein könnten, die Krise politisch auszunutzen.    Von
NEGARAJAN V. SUBRAMANIAN

Seit über einem Jahrzehnt kommt es in jedem Frühjahr, nach der Schneeschmelze, zwischen Indien und
Pakistan zu verlustreichen Gefechten in Kaschmir.1 Doch der zur Zeit tobende Konflikt - ausgelöst durch
schwerbewaffnete, von Pakistan unterstützte separatistische Muslim- Einheiten, die über die
Demarkationslinie2 ins gegnerische Gebiet vordringen - ist keineswegs zu vergleichen mit den
Vorkommnissen der Vergangenheit. Tatsächlich hat er bereits Hunderte Tote und Verletzte gefordert, seit
Indien Ende Mai im Bergland von Ladakh (Bundesstaat Jammu und Kaschmir) oberhalb der Straße
Srinagar-Leh, die zum Siachen- Gletscher im Himalaya führt, umfassende Luft- und Bodenoffensiven startete.

Die in über 5000 Meter Höhe gelegene Straße folgt ungefähr dem Verlauf der Demarkationslinie, ohne sich
allerdings je mit ihr zu decken. In diesem Bereich sind auf beiden Seiten der Linie permanent reguläre
Einheiten stationiert: auf pakistanischer Seite zwei Brigaden, die dem Kommando der nördlichen Zone (FCNA)
unterstehen, auf indischer Seite eine Brigade, deren Stützpunkte im Mashkoh-Tal - in Drass, Kaksar, Kargil und
Batalik - liegen. Seit 1949 hat keine der beiden Armeen die Waffenstillstandslinie verletzt, allerdings war es
durchaus an der Tagesordnung, daß die indischen Stellungen und die Straße Srinagar-Leh von pakistanischer
schwerer Artillerie unter Dauerbeschuß genommen wurden. Im Winter, wenn die Temperaturen auf unter 40
Grad unter Null sinken, wurden die vordersten Posten üblicherweise geräumt.

In den vergangenen Monaten war es den pakistanischen Eindringlingen aufgrund der frühen Schneeschmelze
gelungen, jenseits der Demarkationslinie, im Mashkoh-Tal, Militärposten, Bunker und Hubschrauberlandeplätze
zu besetzen.

Die indische Regierung behauptet, es handele sich um pakistanische Freiwillige aus vier paramilitärischen
Bataillonen der leichten Infanterie des Nordens, die von Spezialeinheiten unterstützt werden. Nur in
monatelangen Bodenkämpfen wäre das Terrain zurückzuerobern, denn die Einheiten, die es besetzt halten,
haben sich dort gut verschanzt und sind mit amerikanischen Boden-Luft-Raketen vom Typ Stinger ausgerüstet,
die aus dem Afghanistankrieg stammen. Tatsächlich ist die Beschaffenheit des Geländes für Lufteinsätze
ungeeignet (Indien hat in den ersten Tagen der Auseinandersetzung bereits zwei Kampfflugzeuge, ein
Aufklärungsflugzeug und einen Hubschrauber verloren), und in Neu-Delhi geht denn auch niemand davon aus,
daß die eingedrungenen Einheiten sich mit Einbruch des Winters freiwillig zurückziehen werden. Da mit einem
pakistanischen Rückzug also nicht zu rechnen ist, wird man sich wohl auf einen dauerhaften Konflikt mit
unabsehbaren Konsequenzen gefaßt machen müssen.

Das mehrheitlich von Muslimen bevölkerte Kaschmir wurde 1949, am Ende des ersten indisch-pakistanischen
Kriegs, geteilt (siehe Kasten). Seitdem hat Pakistan das Territorium immer wieder für sich beansprucht und
den Konflikt zu internationalisieren versucht, vor allem durch die Forderung nach einem Plebiszit unter der
Aufsicht der Vereinten Nationen, was von Indien kategorisch abgelehnt wird. Im Abkommen von Shimla, das
1972 von Indira Gandhi und Zulfikar Ali Bhutto unterzeichnet wurde, verpflichteten sich beide Länder, den
territorialen Konflikt auf friedlichem Wege zu lösen. Kaum zurück aus Shimla, rief Bhutto allerdings das
pakistanische Atomprogramm ins Leben, von dem er sich einen Abschreckungseffekt gegenüber Indien
versprach; außerdem glaubte er, es werde ein für die Regelung der Kaschmirfrage günstiges Kräfteverhältnis
schaffen. Fünfzehn Jahre später, 1987, besaß Pakistan seinen ersten Atommeiler und unterstützte die
Gründung einer Aufstandsbewegung, die dann ab 1990 in Kaschmir auf spektakuläre Weise in Aktion trat.3

Die Erfahrungen, die der pakistanische Nachrichtendienst (Inter Services Intelligence/ISI) in Afghanistan zur Zeit
des "Dschihad" gegen die Sowjetunion gesammelt hatte, kamen ihm nun in Kaschmir zugute. Ab Beginn der
neunziger Jahre gewannen militante islamistische, propakistanische Gruppen wie die Hisb ul-Mudschaheddin
die Oberhand gegenüber anderen traditionalistischen Unabhängigkeitsbewegungen wie der Jammu and
Kashmir Liberation Front.

Der Besitz von Kernwaffen brachte die pakistanische Führung zu der Überzeugung, Indien könne den
separatistischen Offensiven nicht länger durch die Ausweitung konventioneller Kriegshandlungen Einhalt
gebieten.4

Gleich in den ersten Tagen des Konflikts ließen Premierminister Nawaz Sharif und sein stellvertretender
Außenminister Shamshad Ahmed verlauten, Pakistan werde, falls nötig, bei einer Ausweitung des Konflikts alle
ihm zur Verfügung stehenden Waffen einsetzen. Auch wenn sie später dementierten, damit die Möglichkeit
eines Einsatzes von Kernwaffen gemeint zu haben, so ist diese Absage doch selbst Teil der nuklearen
Abschreckungslogik: Sie verweist auf die Existenz einer atomaren Bedrohung.

Obwohl der indische Ministerpräsident Atal Behari Vajpayee offenbar nicht bereit ist, sich in einen
konventionellen Krieg größeren Ausmaßes hineinziehen zu lassen - mit allen Eskalationsrisiken, die dies nach
sich ziehen würde -, schließt der Generalstab die Möglichkeit einer Ausweitung des Konflikts nicht aus. So
könnte etwa, nach dem Vorbild von 1965, im pakistanischen Punjab oder im Sindh eine zweite Front eröffnet
werden. Damals drangen die indischen Streitkräfte erfolgreich in Pakistan ein, um dessen Offensive in
Kaschmir zu stoppen.

Nach Ansicht eines hochrangigen Offiziers in Neu-Delhi, der dafür plädiert, die Kampfhandlungen ins innere
Pakistan hineinzutragen, ist "Frieden oder Atomkrieg" die falsche Alternative: "In einer Situation des atomaren
Ungleichgewichts", sagt dieser Militär, der auf seiner Anonymität besteht, "erpreßt der stärkste Protagonist den
schwächsten. Doch in einer Situation des Gleichgewichts kann es nur die garantierte gegenseitige Zerstörung
geben." Mit anderen Worten, ein konventioneller Krieg größeren Ausmaßes würde nicht automatisch zu einem
atomaren Schlagabtausch führen. Andere Experten gehen sogar noch weiter. Anfang Mai entwarfen hohe
Beamte aus dem Stab des Ministerpräsidenten folgendes Szenario: Mit der Ausweitung des Kriegs kommt es
zu einem begrenzten atomaren Erstschlag seitens der Pakistaner (zwei Atomsprengköpfe), auf den als
Vergeltungsmaßnahme ein indischer Angriff mit absolut vernichtender Wirkung folgt.

Ist es tatsächlich denkbar, daß Indien sich im Schutz seiner Abschreckungsstreitmacht auf einen
großangelegten konventionellen Krieg vorbereitet? Die indische Luftwaffe ist jedenfalls in höchster
Alarmbereitschaft, vor allem jene Einheiten, die strategische Bombardierungen ausführen sollen. Vor neun
Jahren erklärte Raja Ramanna, damals Stellvertretender Verteidigungsminister und einer der Väter der ersten
indischen Atomwaffe, im Parlament, Indien werde seine Kernwaffen niemals zuerst einsetzen, wohl aber die
Herausforderung annehmen, falls einer seiner Nachbarn sich ihrer bedienen sollte. Der Tenor hat sich seither
nicht geändert. Nach einer vom Ministerpräsidenten geleiteten Sitzung des National Security Council, der
Strategic Policy Group und des National Advisory Board am 30. Mai 1999 hieß es im gemeinsamen
Kommuniqué: "In der ständig sich ändernden Situation von heute muß Indien auf jede Eventualität vorbereitet
sein."5

Pakistan fehlen Verbündete

DER indische Generalstab ist zur Zeit damit beschäftigt, die pakistanische Doktrin genau unter die Lupe zu
nehmen und verschiedene Einsatzoptionen zu erarbeiten. Würde eine Invasion bis zum Ichyogal-Kanal in der
Nähe von Lahore oder ein Vordringen nach Rahimayar Khan im Punjab einen atomaren Gegenschlag
auslösen? Weitere Optionen wären die Bombardierung von Militärbasen auf der pakistanischen Seite der
Demarkationslinie oder die Einnahme von Muzaffarabad; es gäbe auch noch weit schwerer wiegende
Maßnahmen, etwa die Abspaltung des Sindh vom Punjab, die Annektierung von Sialkot, die Zerstörung des
Hauptquartiers des Kommandos der nördlichen Zone in Gilgit oder auch ein Angriff auf Skardu.

Bislang hat man sich offenbar noch auf keine dieser Optionen festgelegt, und die indischen Streitkräfte
drängen zur Zeit auch nicht auf ihre Umsetzung. Der Ministerpräsident selbst hat nicht erkennen lassen, daß er
den mit seinem Amtskollegen Nawaz Sharif im Februar 1999 eingeleiteten Friedensprozeß für endgültig
gescheitert hält. Doch Atal Behari Vajpayee weiß auch, daß zu dem Zeitpunkt, als er mit dem pakistanischen
Premierminister das Protokoll über vertrauensbildende Maßnahmen unterzeichnete, die pakistanische Armee
jene Operation vorbereitete, die beide Länder nun an den Rand eines Kriegs geführt hat. Innerhalb des
Generalstabs ist eine Verhärtung der Positionen zu spüren: Man darf schließlich nicht vergessen, daß Indien in
den letzten zehn Jahren des Kaschmirkonflikts mehr Soldaten verloren hat als in seinen diversen offenen
Kriegen mit Pakistan.

Sollte die pakistanische Regierung in den kommenden Wochen keinerlei Zeichen der Deeskalation erkennen
lassen, wäre es denkbar, daß die indischen Streitkräfte die pakistanische Entschlossenheit mit offensiven
Maßnahmen auf die Probe stellen werden. Kann sich Pakistan in dieser Auseinandersetzung auf seine
traditionellen Verbündeten - die Vereinigten Staaten und China - verlassen? Washington hat beide Seiten
aufgefordert, die Demarkationslinie zu respektieren. Damit erhält diese eine neue Legitimität, die Pakistan in
Abrede stellt; gleichzeitig hat die amerikanische Position die Versuche Pakistans durchkreuzt, Parallelen
zwischen dem Kaschmir- und den Kosovokonflikt zu ziehen.

Ebensowenig wie die Amerikaner scheinen die Chinesen bereit, sich auf die Seite Pakistans zu stellen.
Immerhin hatte - daran sei in diesem Zusammenhang erinnert - der chinesische Präsident Jiang Zemin 1996
Pakistan empfohlen, den Kaschmirkonflikt in bilateralen Verhandlungen zu lösen. Nach den indischen
Atomwaffentests vom 11. bis 13. Mai 1998 gab Peking der pakistanischen Regierung den Rat, nicht in den
atomaren Wettlauf einzutreten, sondern sich statt dessen das Wohlwollen des Westens zu sichern und damit
genügend konventionelle Waffen zu erhalten, um das Gleichgewicht der Kräfte in der Region
wiederherzustellen. Diesem Rat ist Pakistan nicht gefolgt.

Wird die Diplomatie den Ausschlag geben? Innerhalb der indischen Regierung gehen zahlreiche Kräfte davon
aus, daß die pakistanischen Streitkräfte aus eigener Initiative losgeschlagen haben. Doch angesichts der
aktuellen Dynamik setzt man in Neu-Delhi weniger auf Diplomatie als auf schlagkräftige militärische Aktionen,
die möglicherweise die Grenzen der atomaren Abschreckung aufzeigen werden.

dt. Matthias Wolf

1 Siehe Jyotsna Saksena, "Une pomme de discorde entre le Pakistan, le Cachemire", Le Monde diplomatique, Juli 1997.

2 Diese Linie entspricht dem Waffenstillstandsvertrag, der den ersten indisch-pakistanischen Krieg von 1949 beendete und 1972 durch das Abkommen von Shimla formell bestätigt wurde.

3 Siehe Alexandre Dastrac und M. Levent, "Le réveil politique des musulmans dans l'Inde en crise", Le Monde diplomatique, Juli 1990.

4 Im Mai 1998 führten Indien und Pakistan insgesamt elf unterirdische Atomtests durch. Die Inder testeten thermonukleare (Fusions-)Waffen und Kernwaffen und ließen auch zwei besonders kleine Versuchswaffen von weniger als einer Kilotonne Sprengkraft detonieren; Pakistan brachte sechs Kernwaffen zur Explosion. Nach Ansicht westlicher Experten sind die thermonuklearen Tests der Inder sowie einige der pakistanischen Tests fehlgeschlagen.

5 Pakistan vertritt angeblich die Nato-Doktrin eines nuklearen Erstschlags gegen bewaffnete Gegner, die an Truppenstärke und Bewaffnung überlegen sind. Im Bereich der konventionellen Waffen fällt der Vergleich in allen Bereichen (Panzer, Flugzeuge usw.) deutlich zuungunsten von Pakistan aus.

Journalist, Neu-Delhi.
Le Monde diplomatique Nr. 5881 vom 9.7.1999 Seite 8 Le Monde diplomatique 372 Zeilen
Dokumentation Negarajan V. Subramanian
© Contrapress media GmbH   Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags



Spiegelartikel zum Thema Israel / Palästina

Palästinenser wollen an die Waffen    21.10.00

                                   Die Gewalt im Nahen Osten droht außer Kontrolle zu geraten.
                                   Radikale Palästinenser fordern lautstark den bewaffneten
                                   Kampf gegen Israel.

                                                      Nablus - An einer Trauerfeier für vier Mitglieder
                                                      der Fatah-Bewegung haben mehrere
                                                      zehntausend Menschen teilgenommen. Unter
                                                      ihnen marschierten maskierte Milizionäre, die
                                                      ihre Gewehre in die Höhe hielten. Bei
                                                      Zusammenstößen mit israelischen Soldaten
                                                      wurden in den Autonomiegebieten am Samstag
                                                      zwei Palästinenser getötet und mehr als
                                                      fünfzig verletzt.

                                                      In Hebron im Westjordanland lieferten sich
                                                      Palästinenser und israelische Sicherheitskräfte
                                                      ein Feuergefecht. Dabei starb ein Taxifahrer,
                                                      der nach Angaben von Ärzten von einer Kugel
                                                      in den Kopf getroffen wurde. Während einer
                                                      Beerdigung in Hebron verbrannten Trauergäste
                                   Fotos des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak sowie der Könige
                                   von Jordanien, Marokko und Saudi-Arabien. Sie protestierten damit
                                   gegen deren moderate Haltung gegenüber Israel beziehungsweise
                                   den USA.

                                   "Oh Araber, passt auf, die Palästinenser werden getötet", riefen die
                                   Teilnehmer des Trauerzuges in Nablus. Der Appell richtete sich an die
                                   Staats- und Regierungschefs der Arabischen Liga, die sich zu einem
                                   Gipfeltreffen in Kairo versammelt hatten. Ein Anhänger der
                                   Fatah-Bewegung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat
                                   sagte, nicht Friedensgespräche, sondern die Konfrontation werde den
                                   Palästinensern die Unabhängigkeit bringen. "Wir sollten aufhören, mit
                                   Steinen zu werfen. Wir sollten lernen, wie man schießt, wie man
                                   Bomben am Straßenrand legt", sagte der 28-jährige Amar Hassan.

                                   Der Fatah-Führer im Westjordanland, Marwan Barghuti, kritisierte die
                                   auf dem Krisengipfel in Scharm al-Scheich vereinbarte Waffenruhe als
                                   falsch. "Nur die ständige Konfrontation wird die Israelis mürbe
                                   machen", sagte Marghuti dem SPIEGEL. Alle jüdischen Siedlungen
                                   müssten beseitigt werden, forderte Marghuti.

                                   Auch im Gazastreifen kam es am Samstag zu neuen Unruhen. In der
                                   Nähe von Chan Junis wurde ein 16-jähriger Palästinenser erschossen.
                                   An der Eres-Kreuzung nahe der Grenze zu Israel gab es bei
                                   Ausschreitungen mehrere Verletzte. Insgesamt kamen bei den
                                   Gefechten bislang 115 Menschen ums Leben, überwiegend
                                   Palästinenser.
 

                                   "Setzt die Ölwaffe ein"    21.10.00

                                   Während eine neue Welle der Gewalt über Israel rollt, trifft sich
                                   die Arabische Liga zu einem Krisengipfel. Es wird gefordert, alle
                                   Beziehungen zu Israel abzubrechen und ein Ölembargo als
                                   Druckmittel einzusetzen.

                                                      Kairo - Der ägyptische Präsident Husni
                                                      Mubarak, Gastgeber des Gipfeltreffens,
                                                      machte Israel für den Stillstand des
                                                      Nahost-Friedensprozesses verantwortlich. Er
                                                      warf den Israelis vor, Unschuldige zu
                                                      terrorisieren und wehrlose Kinder zu töten. Die
                                                      arabische Welt bestehe auf Garantien, dass
                                                      sich diese Vorgänge unter keinen Umständen
                                                      wiederholten, erklärte der ägyptische
                                                      Präsident, der zusammen mit US-Präsident Bill
                                                      Clinton beim jüngsten Nahost-Krisengipfel in
                                                      Scharm al-Scheich als Vermittler aufgetreten
                                                      war.

                                   "Wir sind alle wütend", sagte Mubarak. Dennoch müssten die
                                   arabischen Staatschefs den Weg verfolgen, "der Stabilität sichert
                                   und uns davor bewahrt, uns den Gefühlen hinzugeben".
                                   Palästinenser-Präsident Jassir Arafat ergänzte: "Unsere Wahl ist die
                                   Wahl eines dauerhaften, gerechten und umfassenden Friedens."

                                   In Kairo kamen 15 der 22 Staatsoberhäupter der Arabischen Liga
                                   zusammen. Berichten zufolge liegt ein Entwurf der Abschlusserklärung
                                   vor, in der die arabischen Regierungen aufgerufen werden, ihre
                                   Repräsentanten aus Tel Aviv abzuziehen beziehungsweise Pläne zu
                                   einer engeren wirtschaftlichen oder kulturellen Zusammenarbeit mit
                                   Israel einzufrieren.

                                   Einigen Staatschefs geht dies offenbar nicht weit genug. Iraks
                                   Vertreter Isset Ibrahim el Duri forderte den heiligen Kampf der
                                   Moslems zur Befreiung Palästinas und Jerusalems. Erstmals seit dem
                                   Überfall auf Kuwait vor zehn Jahren darf der Irak wieder an einem
                                   Gipfeltreffen teilnehmen. Der Präsident Jemens, Ali Abdallah Salih,
                                   sagte, die Araber riefen nicht zum Krieg auf, sagten aber Ja zum
                                   Widerstand, zur Unterstützung der Palästinenser sowie zur Lieferung
                                   von Waffen. Demonstranten hatten im Vorfeld des Treffens
                                   gefordert, die "Ölwaffe" einzusetzen, also durch die Aussetzung von
                                   Öllieferungen Druck auf Israel und die westliche Welt auszuüben.

                                   Im Gaza-Streifen und im Westjordanland kam es unterdessen zu
                                   neuen Unruhen. Aus Krankenhauskreisen verlautete, 36 Palästinenser
                                   seien bei Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften
                                   verletzt worden. Einer der Brennpunkte der Gewalt war dabei die
                                   Umgebung der jüdischen Siedlung Gusch Katif im Gaza-Streifen, wo
                                   rund 200 jugendliche Palästinenser Steine und Brandbomben auf
                                   Wachsoldaten schleuderten. Die palästinensische Polizei teilte mit,
                                   die Soldaten hätten daraufhin mit scharfer Munition auf die
                                   Palästinenser gefeuert und sechs Jugendliche verletzt. Ärzte sagten,
                                   ein 13-Jähriger habe einen Kopfschuss erlitten und sei klinisch tot.
 

Setzt den Marsch auf Jerusalem fort!       12.10.00
 

                                   Gaza - Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat nach den israelischen
                                   Raketenangriffen auf offizielle Gebäude in Gaza und Ramallah dazu
                                   aufgefordert, den Kampf für einen unabhängigen Palästinenserstaat
                                   fortzusetzen. Beim Besuch von etwa 30 bei den Angriffen Verletzten
                                   sagte Arafat Donnerstagabend: "Wir sind ein starkes Volk, und uns
                                   machen (solche Angriffe) nichts. Ich sage Euch, zögert nicht, den
                                   Marsch auf Jerusalem fortzusetzen, die Hauptstadt des
                                   palästinensischen Staats."

                                   Als Reaktion auf die israelischen Angriffe entließ die palästinensische
                                   Autonomiebehörde am Donnerstagabend alle zum Teil wegen
                                   Terrorismus verurteilten Aktivisten der militant-fundamentalistischen
                                   Hamas-Organisation und der Untergrund-Organisation "Islamischer
                                   Dschihad (Heiliger Krieg)", die für zahlreiche Bomben- und
                                   Selbstmordanschläge in Israel verantwortlich gemacht werden. Unter
                                   ihnen sind auch die beiden von Israel als Top-Terroristen
                                   bezeichneten Abu Chanud und Mohammed Deif. Bei den angeblich
                                   von Deif geplanten Anschlägen wurden 1996 in Tel Aviv Dutzende
                                   Israelis getötet.

                                   Hamas-Führer Dschamail Abu Schanab sagte, die Gefangenen seien
                                   "nach dem aggressiven Angriff der Israelis" entlassen worden, weil
                                   das Gefängnispersonal aus Furcht vor Angriffen weggelaufen sei.
                                   Israelische Beobachter betrachteten dies als Ausrede, da nach
                                   israelischen Geheimdienstinformationen in den vergangenen Tagen
                                   bereits dutzende Hamas-Männer freigelassen worden waren. In Israel
                                   wurden nach Bekanntwerden der Freilassung die
                                   Sicherheitsvorkehrungen für die Öffentlichkeit verstärkt.

                                   Der Führer der palästinensischen Fatah-Jugendorganisation, Marwan
                                   Barguti, forderte die Bevölkerung am Abend auf, am (morgigen)
                                   Freitag zum normalen Leben zurückzukehren; die Kinder sollten in die
                                   Schulen gehen. Barguti wird von Israel für die jüngste Explosion der
                                   Gewalt mit verantwortlich gemacht, da die von ihm geführte,
                                   bewaffnete Organisation an den Ausschreitungen maßgeblich beteiligt
                                   war.
 

I S R A E L                        Ein Land kurz vor dem Krieg   9.10.00

                                   Russland, die Uno und die USA bemühen sich, einen drohenden
                                   Krieg zwischen Israelis und Palästinensern zu verhindern. Am
                                   Montagabend läuft ein Ultimatum Israels an die Palästinenser
                                   aus: Wenn der Aufstand bis dahin nicht beendet sei, trete der
                                   Verteidigungsfall ein.

                                   Jerusalem/Beirut - Wegen der anhaltenden
                                   Unruhen im Nahen Osten verstärken die
                                   Vereinten Nationen und die USA ihre
                                   Bemühungen um eine Wiederbelebung des
                                   Friedensprozesses. Uno-Sprecher Fred
                                   Eckhard sagte in New York, Generalsekretär
                                   Kofi Annan werde nach einem Zwischenstopp
                                   in Genf am Montagabend in Tel Aviv erwartet.
                                   Annan wolle angesichts der jüngsten
                                   Gewaltwelle nichts unversucht lassen, um den
                                   festgefahrenen Friedensdialog zwischen Israel
                                   und den Palästinensern wieder in Gang zu
                                   bringen.

                                   Auch die USA intensivierten ihre Bemühungen
                                   um eine Beilegung der Krise. Der US-Sender CNN meldete,
                                   US-Präsident Bill Clinton habe den ägyptischen Ort Scharm
                                   al-Scheich als Konferenzort für ein Treffen mit Israels
                                   Ministerpräsident Ehud Barak, Palästinenserpräsident Jassir Arafat
                                   und Ägyptens Präsident Husni Mubarak vorgeschlagen, das bereits
                                   Mitte der Woche stattfinden könne. Clinton habe allerdings noch
                                   keine Zusage erhalten.

                                   Der russische Außenminister Igor Iwanow will am Montag seinen
                                   israelischen Kollegen, den amtierenden Außenminister Schlomo
                                   Ben-Ami, und Arafat treffen. Danach will sich Iwanow für die
                                   Freilassung von drei von der schiitischen Hisbollah-Miliz nach Libanon
                                   verschleppten israelischer Soldaten einsetzen.

                                   Am Montagabend läuft ein Ultimatum an die Palästinenser ab, die
                                   Unruhen zu beenden. Wenn Arafat die Frist verstreichen lasse, werde
                                   Israel "daraus den Schluss ziehen, dass Arafat bewusst entschieden
                                   hat, die Verhandlungen und den Friedensprozess zu beenden", sagte
                                   Barak. Israel werde dann sein Recht auf Verteidigung wahrnehmen
                                   und die nötigen Schritte unternehmen, um seine Bürger und Soldaten
                                   zu schützen. Israelische Kampfflugzeuge überflogen unterdessen
                                   Beirut. Wie Augenzeugen berichteten, gerieten die Einwohner in
                                   Panik. Die Regierung des Libanon befürchtet nach Angaben aus
                                   Militärkreisen eine israelische Offensive und versetzte die Streitkräfte
                                   in höchste Alarmbereitschaft.

                                   Auch in den von Israel besetzten Gebieten gingen die Unruhen
                                   weiter. Ein Palästinenser und ein Israeli starben, im Gaza-Streifen
                                   wurde ein mit Israelis besetzter Bus beschossen. Die Armee kündigte
                                   daraufhin an, offensiv vorzugehen und setzte Kampfhubschrauber
                                   gegen Heckenschützen ein. Im Gaza-Streifen sprengte sie an der
                                   Netsarim-Kreuzung mehrere Gebäude in die Luft, weil Palästinenser
                                   von dort aus israelische Truppen angegriffen hätten. Bei den Unruhen
                                   starben seit Donnerstag vergangener Woche über 80 Menschen -
                                   mehr als beim Aufstand 1996.
 


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