wieder persönliche geschichte.
ich hörte eigentlich nur diese andere musik, sweet nothin's, del shannon usw., aber zwei klassische stücke habe ich in dieser zeit doch gehört, das violinkonzert d-dur op 77 von brahms und die 5. sinfonie von beethoven, die schicksalssinfonie. der zugang war aber völlig unterschiedlich und das kam so.

ich wohnte damals im jugendwohnheim der arbeiterwohlfahrt in hannover, am waterlooplatz 16, ganz normal, wie ich fand. eines tages erfuhr ich zufällig, dass das heim den ruf hatte, kriminelle zu beherbergen. erschrocken fragte ich den heimleiter, den ich sehr mochte. des rätsels lösung war: der leiter war eine art bewährungshelfer, deshalb gab es da kriminelle. mit einem von ihnen, z., hab ich mich mal unterhalten. ich fühlte mich nicht bedroht!
nach zwei jahren im heim zog ich ins extrahaus um, in den 1. stock, unten garagen, das war etwas privilegiert. dort hatte ich ein gemütliches zimmer ganz für mich, z t mit eigenen möbeln und mein fernseher (sw) hatte gardinen, meine idee. ("richard kimble, auf der flucht" hieß damals eine spannende serie).
ich komme ins erzählen: ein freund, radio- und fernsehtechniker-lehrling, schenkte mir so ein elektronisches teil, das man zum ukw-radio machen konnte. es funktionierte auch so, aber man musste zur senderwehl einen magnet-stab verschieben, der kannte aber die frequenz-grenze nicht, die damals galt: 98 - 100 Mhz (heute 98 - 108) und deshalb konnte man den stab auf 102 einstellen, das war die frequenz des polizeifunks, den ich ab und zu hörte. war natürlich nicht legal.

jetzt aber zu brahms.
quasi als test-abo konnte man sich eine bestimmte LP bestellen (zB bei readers digest) und man musste nur nach zwei wochen schreiben: kein interesse an einem abo. jedenfalls bekam ich dieses violinkonzert. ich habe mir das angehört, ein paar mal, und fand die musik gar nicht schlecht. "Sommer in Pörtschach." der erste satz auf der rückseite der hülle. werde ich nie vergessen, auch die musik erkenne ich meist, wenn ich sie höre. ich glaube, dass mir diese musik von brahms, die ich bis heute sehr eingängig finde, den weg zur klassischen musik bereitet hat.

jetzt beethoven, die schicksalssinfonie.
brahms war leicht, beethoven schwer. ich weiß nicht mehr, wie ich an diese LP gekommen bin, vll auf dem gleichen weg wie oben geschildert. nur, diese musik hat für mich als junger erwachsener ein ganz wichtige rolle gespielt: ich achtete darauf, dass ich im ersten stock allein war (da waren wohl 4 einzelzimmer), schloss die tür ab und hörte die musik ganz laut. und dann heulte ich wie ein schlosshund, ewig lange.
heute sage ich dazu: ich verarbeitete in diesen stunden den tod meiner eltern und stabilisierte meine psyche. ich bin nicht "aus dem ruder" gelaufen, wie manche, wie mir der beamte im amtsgericht sagte, als ich volljährig geworden war und ein sparbuch vom amtsgericht abholen durfte.
eine solch frühe konfrontation mit dem tod begleitet für immer, aber ich leide heute nicht mehr, vor allem wegen damals, also wegen beethoven. man vergisst all die umstände nicht; aber es tut nicht mehr weh. es ist ein wichtiger grund, warum ich schwarz trage.

ibevor ich das geschrieben habe, hab ich mir beide werke nochmal angehört. ich kann heute emotional nicht mehr nachvollziehen, warum diese schicksalssinfonie eine solche wirkung auf mich hatte. denn die ist doch eher pathetisch und streng, eigentlich ganz anders ...

 


 

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Ich interessiere mich für sehr unterschiedliche Dinge:
Internet,
Musik, Naturwissenschaften, Politik (aber nicht dauernd), Literatur (z. B. Märchen), aber auch für Drachen (schließlich mein Wappentier), für Schnee (!) und für Hexen. Hexen = das ist missverständlich und ich habe schon besorgte Reaktionen dazu bekommen. Deshalb eine kurze Definition: der Begriff "Hexe" wird meist in der christlichen Deutung verwendet, das ist aber ein politisch-religiöser Kampfbegriff, um die Herrschaft des seinerzeit aufkommenden Christentums nicht zu gefährden. Die "Hexen" waren z. B. "Kräuterweiber" mit dem Verständnis für natürliche Zusammenhänge, für Menschen, insbesondere für Frauen (die in der christlichen Welt in eine untergeordnete Rolle gepresst wurden). Hexen sind eine Erinnerung an die vorchristliche Naturverbundenheit. - Und wenn man will, kann man hier den Bezug zu meiner Gothic-Vorliebe erahnen.

oder mit anderen Worten:
Das Bild der Hexe, wie wir es aus den bekanntesten Märchen kennen, ist sehr einseitig. Als Kinderschreck ist sie alt, hässlich und böse. Dabei ist diese Vorstellung, Relikt aus der spätmittelalterlichen Hexenverfolgung, nur ein Aspekt unter vielen.
Der Glaube an Hexen reicht weit in die vorchristliche Zeit (…) zurück. Ursprünglich war die Hexe eine Priesterin der großen Muttergottheit. Sie war ambivalent, d. h. sowohl helfend und heilend als auch bedrohend und vernichtend. In den Mythologien verschiedener Völker spielt die Hexe als große Magierin eine wichtige Rolle. Sie war zwar gefürchtet, genoss aber auf Grund ihres Wissens als Ratgeberin großes Ansehen.
Aus: Märchen von Hexen und weisen Frauen.Hrsg.: Sigrid Früh


Irgendwann habe ich wohl den Link zu meiner Schiller-Arbeit hier gelöscht.
Jetzt ist er jedenfalls wieder da:

FRIEDRICH SCHILLERS HISTORISCHE SCHRIFTEN


Literarische Wirkungsabsicht und rhetorische Tradition [Handlungshemmung] im 18. Jahrhundert

Eine germanistische Hauptseminar-Arbeit über das 18. Jahrhundert. Auch wenn es einige Vorkenntnisse voraussetzt, kann man dieser Arbeit manches Interessante entnehmen, z. B. das Cool-Sein schon im 18. Jahrhundert. - Es folgt hier ein einführender Text, der die Verwendung dieser Arbeit erleichtern soll. Vieles Denken und Fühlen, was wir so als einmalig und normal und gegeben hinnehmen - hat sich entwickelt und das vor allem in diesem 18. Jahrhundert!

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